Der Deutsche Blick auf die Nachbarländer

Der deutsche Blick auf die Niederlande ist seit Jahrzehnten ausgesprochen wohlwollend. Man schätzt die Niederländer für ihre Innovationskraft, ihren Handelsgeist, ihre Kultur. Die Grenze ist für viele kaum spürbar, man geht in den Niederlanden einkaufen, essen, verbringt hier den Urlaub macht – und kommt prima zurecht.

Allerdings wissen die meisten Deutschen recht wenig über die Niederlande. Klar, man kennt den niederländischen Ministerpräsidenten – aber dass das Land eine ganz eigen Geschichte hat, die sich von der deutschen stark unterscheidet, weiß man in der Regel nicht. Viele Deutschen werden sich der Kulturunterschiede erst bewusst, wenn sie beruflich mit oder in den Niederlanden zu tun haben.

Für Irritationen sorgt auch hier zuweilen die Asymmetrie in der Größe der beiden Länder. Deutsche haben schonmal die Neigung, die Niederländer nicht ganz ernst zu nehmen, ganz einfach weil das eigene Land größer ist – und das erschwert natürlich die gedeihliche Zusammenarbeit. Viele Deutsche sind dann auch erstaunt, wenn die „kleinen“ Niederlande sehr selbstbewusst auftreten.

Diese Haltung – wenig Wissen in Kombination mit großem Selbstbewusstsein, weil man ja aus dem größeren Land kommt – gilt auch für die Grenzregionen, nur etwas angewandelt: Kulturell ist man sich näher, sprich katholisch und lebensfroh, die Grenze ist kaum spürbar und man kennt sich aus. Allerdings machen sich die weißen Flecken in Bezug auf Kultur und Geschichte des Nachbarlandes hier umso stärker bemerkbar.

Dies gilt insbesondere für Belgien. Über die belgische Politik sind Deutsche oft nur sehr dürftig informiert, allerdings liegt dies auch daran, dass in deutschen Medien zwar viel aus Brüssel und über Europapolitik berichtet wird, aber ausgesprochen wenig über das Land Belgien. Die in Brüssel ansässigen Journalist:innen sprechen in der Regel kein Niederländisch und können daher die flämische Politik kaum aus direkten Quellen verfolgen, und inzwischen sinken auch die Französisch-Kenntnisse rapide. Um in Brüssel zu funktionieren, kommt man mit Englisch prima klar. Und das verengt den Blick auf das Land Belgien enorm.

Was dann bleibt, ist die Sicht auf Belgien als ein politisch kompliziertes Land. Die wirtschaftlichen Erfolge werden in Deutschland kaum zur Kenntnis genommen, ganz zu schweigen von exzellenten Hochschulen oder einer ausgezeichneten medizinischen Versorgung.

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Autorin: Dr. Ute Schürings

Interkulturelle Trainerin, promovierte Niederlandistin & Romanistin

BeNeLux?

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